Wikileaks.DE Domaininhaber und Tor-Exit-Node Betreiber vor Gericht

Fnordic walker @
Datum
Mittwoch, 16. März 2011 um 13:30 Uhr
Ort
Amtsgericht Dresden (Saal 21), Berliner Straße 13

Diese Pressemitteilung ist unter http://www.c3d2.de/news/pm-morphium-trial.html abrufbar. Ansprechpartner: CCC Dresden presse@c3d2.de

Früher war alles so einfach. Die Tagesschau sprach zum Volk und verbreitete die Wahrheit. Kontrolle über das Massenmedium bedeutete Kontrolle über Informationen und Meinungsbildung. Doch dann kam das Internet. Plötzlich können alle Sender und Empfänger sein, die Informationsdiode war durchgeschlagen. Informationen sind frei und allen zugänglich. Soziale Netzwerke beflügeln die Kommunikation und das kollaborative Arbeiten. Das Informationszeitalter ist da.

Doch das Internet bildet nicht die redundante Zusammenschaltung von Computern oder die Länge seiner Netzwerkkabel. Seinen Wert bildet das Netz durch seine Nutzer. Sie stellen Informationen ein, diskutieren, streiten und kreieren. Klar, das passt nicht allen. Einige haben Angst vor Veränderung, dem Ungewissen und dem Unverständlichen.

Es gibt mittlerweile viele Beispiele für soziale, politische und wirtschaftliche Informationen, deren Aufdeckung und Aufklärung unseren Alltag bestimmt. Unabhängig von zentralen Medien. Die Bestimmung der Nasenlänge des Lügenbarons, der Hintergrund des ca. 200 Mrd. € wertvollen AKW-Laufzeitverlängerungsdeals, die Veröffentlichung des Mautvertrages, die Veröffentlichung der Kriegsreporte aus Afghanistan und dem Irak, die Anweisung der US-Außenministerin zur Spionage durch US-Diplomaten oder die Dokumentation der Weltpolitik durch die Diplomatendepeschen sind nur einige davon.

Und genau wie in der realen, brauchen die Bewohner der virtuellen Welt Lebensräume. Auch im Netz braucht man die Möglichkeit, ungestört unter sich zu sein oder sucht den Schutz vor Repressalien. Werden diese Räume zerstört, bleibt vom Netz nur eine gigantische Shoppingmeile. Die korrektive Wirkung oder der ungehinderte Zugang zu Wissen wäre dahin.

Es gibt auch sie im Netz, die Helden, welche sich für den Schutz dieser Lebensräume aufopfern. Sie nehmen ein Risiko in Kauf, um anderen Menschen den ungehinderten Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Jeder, der heute nichts zu verbergen hat, wird es schätzen, wenn er diesen Schutz benötigt. Unzählige Menschen aus Ländern in denen Informationszugang stark gefiltert ist, wissen um den Wert von Anonymität im Netz.

Theodor Reppe steht am Mittwoch vor Gericht: Ihm wird die Verbreitung und der Besitz von Kinderpornografie vorgeworfen. "Besitzen", da sein Endknoten für den Abruf von Kinderpornografie durch dritte Missbraucht wurde, "Verbreitung", da das bereitstellen einer Domain, welche auf Sperrlisten verweist welche wiederum - eingetragen durch die australische Regierung - Kinderpornografische Seiten enthielt. Kurz gefasst: Theodor Reppe wird angeklagt, weil er ein Anonymisierungsnetzwerk mit seiner Arbeit und Geld unterstützt hat und weil er der Babyklappe für Informationen Wikileaks die deutsche Domain gesponsert hat. Die Verhandlung ist öffentlich und die Anklage lautet auf Erwerb, Besitz und Vertrieb von Kinderpornographie.

Herr Reppe betrieb und finanzierte einen sogenannten Endknoten (Exit Node) im Annonymisierungsnetzwerk Tor. Grob funktioniert es so, dass Anfragen an Internetserver erst innerhalb des Tor-Netzwerks hin und her geschickt werden. Diese internen Netzknoten wissen nicht, wo die Anfrage eigentlich her kommt und reichen sie schließlich an einen Exit Node. Der stellt die Verbindung zum Zielserver im potentiell zensierten Internet her. Durch dieses Vorgehen wird gewährleistet, dass der Internetserver nur mit dem Exit Node spricht. Die eigentliche Quelle der Anfrage sieht er nicht.

Weiterhin verwaltet Herr Reppe den Domainnamen wikileaks.de im Domain Name System. Das kann man grob mit dem Internet-Telefonbuch vergleichen, in dem Herr Reppe diesen einen Eintrag verwaltet, damit er auf den Server dahinter zeigt. Auf die Inhalte von Wikileaks hat er natürlich keinen Einfluß.

Die Verhandlung ist Mittwoch, 16. März, 13:30 Uhr im Saal 21, im Amtsgericht Dresden, Berliner Straße 13. Die Verhandlung ist öffentlich.